Was kann ich tun, um nicht zu stürzen?

 

Stürze im Alter können schwerwiegende Folgen haben. Wer gewisse Regeln beachtet und gezielt trainiert, ist im Alltag besser gewappnet.

 

«Ich muss immer aufpassen, dass ich nicht stürze, denn das könnte für mich schlimme Folgen haben.» – «Ich habe grosse Angst zu stürzen, deswegen gehe ich im Winter nur wenn nötig raus.» – «Sie müssen immer aufpassen; jetzt zu stürzen, könnte fatale Folgen haben.» Solche und ähnliche Sätze höre ich bei meiner Arbeit als Physiotherapeutin sehr häufig, den letzten Satz sage ich selber regelmässig. Das Bundesamt für Statistik liefert dazu deutliche Zahlen. So hatten gemäss der Gesundheitsbefragung von 2017 bei den Personen ab 65 Jahren rund ein Viertel aller Befragten im vorhergehenden Jahr mindestens einen Sturz zu verzeichnen. Ab 75 Jahren nehmen die Spitaleinweisungen aufgrund von Stürzen rasant zu.

 

Stürze können weitreichende Folgen haben und geschehen oft. Aber kann man dagegen etwas tun? Ja, denn es gibt Risikofaktoren, welche sich beeinflussen lassen.

 

Die Sehfähigkeit hat einen grossen Einfluss auf das Gleichgewicht. Wenn Hindernisse oder Unebenheiten nicht wahrgenommen werden können, steigt die Sturzgefahr. Deshalb soll nachts beim Toilettengang immer das Licht angezündet werden. Es empfiehlt sich, die gut angepasste Brille immer zu tragen.

 

In den eigenen vier Wänden können auch Gefahren lauern. Teppichränder oder mit Möbeln halb zugestellte Flure werden zu Stolperfallen, auch wenn diese schon Tausende Male problemlos passiert wurden. Aber in einem unachtsamen Moment werden die Füsse zu wenig angehoben oder ein Möbel touchiert, und das Unglück nimmt seinen Lauf. Auch Treppen, schlecht ausgeleuchtet, überstellt, abgetreten oder ohne Handlauf, bergen Gefahren. Daher ist es wichtig, dass die Stufen gut sichtbar sind, genügend Platz vorhanden ist und ein stabiler Handlauf als Unterstützung dient. Die Füsse sollten möglichst immer ganz auf die Stufen gestellt werden, um ein Abrutschen zu vermeiden. Ausserdem ist Eile auf der Treppe fehl am Platz. Wer sich zur Sicherheit leicht am Handlauf hält, ist gut beraten.

 

Ein geeignetes Schuhwerk spielt eine wichtige Rolle. Stabile Schuhe, welche guten Halt geben, haben schon manchen Sturz verhindert. Auch Antirutsch-Socken in der Wohnung sind zu empfehlen. Einen grossen Einfluss haben auch die körperlichen Voraussetzungen. Wenn die Kraft in den Beinen oder im Rumpf abgenommen hat, steigt das Risiko für Stürze.

 

Da gilt es, mit einem gezielten Training zu arbeiten. Damit kann jederzeit begonnen werden. Es ist nie zu spät, aber je früher, umso besser. Regelmässige zügige Spaziergänge sind wertvoll für das Herz-KreislaufSystem. Dies alleine reicht jedoch nicht aus. Übungen an Geräten oder mit dem eigenen Körpergewicht wie zum Beispiel Kniebeugen, Step-ups oder Zehenstand, sind Teil der Sturzprävention. Dabei dürfen die Muskeln ermüden, Schmerzen sollten keine auftreten. Optimalerweise wird das Krafttraining mit einem Gleichgewichts- und Reaktionstraining ergänzt. Dazu gehört beispielsweise auf einem Bein stehen oder auf unebenem Grund balancieren. In einer Gruppe kann unter Anleitung sicher und mit Spass trainiert und gezielt die Sturzgefahr reduziert werden. So kann das Leben mit weniger Angst vor einem Sturz wieder bestmöglich genossen und der Alltag gemeistert werden.

 

Susanne Vogel, Geschäftsführerin Süssbach Therapien AG, MAS in Physiotherapie

Erschienen im General-Anzeiger Nr. 44 vom 29. Oktober 2020